Die Anzahl der von Hunger bedrohten Menschen in Somalia wird von 3,6 Millionen auf 4,4 Millionen Menschen im Zeitraum Oktober bis Dezember 2024 ansteigen. Laut Prognose im jüngsten Bericht der Integrated Food Security Phase Classification (IPC) wird das bevorstehende La-Niña-Phänomen die Lage weiter verschlechtern. Die IPC-Skala ist das wichtigste Instrument der internationalen Gemeinschaft, um den Schweregrad der Ernährungsunsicherheit in Ländern vorherzusagen. 

 

Unvorhersehbare Regenfälle von Mai bis Juni 2024 verursachten hohe Ernteausfälle; für die nächsten Monate ist unterdurchschnittlich wenig Niederschlag vorhergesagt. Der Klimawandel führt in Somalia zu einer extrem unsicheren Ernährungssituation. Zudem verschärfen anhaltende Konflikte die Lage der Menschen, insbesondere von gefährdeten Gruppen wie Kindern und Älteren.

Diese Bedingungen haben zu verstärkter Vertreibung, instabiler Landwirtschaft und eingeschränktem Marktzugang geführt. Gesundheitsrisiken steigen durch die Zunahme an Krankheiten und einen erschwerten Zugang zu sauberem Wasser. Unterernährung wird im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich um 21 Prozent steigen. Rund 1,6 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind bedroht. Dieser Anstieg ist in erster Linie auf die sinkende humanitäre Unterstützung und Finanzierungsengpässe zurückzuführen: Der aktuelle humanitäre Aufruf für Somalia ist nur zu 37 Prozent finanziert.

̽ѡ setzt gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt in Somalia vorausschauende humanitäre Hilfe (anticipatory action) für klimabedingte Notsituationen um. Ziel ist es, gefährdete Gemeinschaften zu schützen, bevor es zu Katastrophen kommt. Der Fokus liegt auf den zwei von der bevorstehenden Dürre am stärksten bedrohten Regionen Baidoa und Galkacyo. Das Projekt „Just-in-Time-Cash” basiert auf dem Ansatz „Follow-the-forecast”. Auf Grundlage aktueller Vorhersagen für Klima- und Wetterextreme können ̽ѡ und Auswärtiges Amt vorausschauend handeln und schon, bevor die Krise eintritt, schnell und bedarfsorientiert Bargeld zur Verfügung stellen. Dadurch können Menschen sich selbst, ihre Familien und ihren Besitz vor einer Notsituation schützen. Das Just-in-Time-Cash-Projekt erweitert die Evidenzbasis. Ziel ist es festzustellen, inwiefern klimatisch gefährdete Gemeinden in fragilen Kontexten, die Zugang zu vorausschauendem Bargeld haben, negative Bewältigungsstrategien vermeiden und zugleich Maßnahmen ergreifen, um ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken.

Insgesamt werden 3.000 Haushalte humanitäre Bargeldunterstützung erhalten. Ergänzend werden u.a. Hygiene-Kits mit Seife, Wasserfilter und anderen Hygieneartikeln für 600 Haushalte (3.600 Personen) bereitgestellt. Partizipatorische Hygiene-Kampagnen klären die Bevölkerung zudem über gesundheitliche Risiken und Schutzmaßnahmen auf. Insgesamt werden rund 18.000 Menschen erreicht.

Seit 2023 setzt ̽ѡ in Somalia mit Unterstützung des Auswärtigen Amts und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung außerdem ein Nexus-Chapeau-Vorhaben um. Auch hier steht eine flexibler Finanzierungsmechanismus zur Verfügung, sodass akute humanitäre Bedarfe schnell gedeckt werden können. Dieses Projekt soll den von der Dürre betroffenen Gemeinschaften in den Regionen Bay, Hiraan, Galgaduud und Mudug in Somalia einen sicheren, gerechten und dauerhaften Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheit, Wasser, Abwasserentsorgung und Hygiene, Schutz und Ernährungssicherheit gewährleisten. Das Projekt richtet sich an Binnenvertriebene und die Aufnahmegemeinschaften, wobei der Schwerpunkt auf Frauen und Mädchen, Menschen mit Behinderungen, schwangere und stillende Frauen sowie ältere Menschen liegt.

Richard Crothers, ̽ѡ-Landesdirektor für Somalia, sagt: 

„Die Aussicht auf die sich verschärfende Ernährungskrise in Somalia ist alarmierend. Und erinnert an die verheerende Krise der letzten zwei Jahre im Land, die die Menschen an den Rand einer Hungersnot brachte. Das Zusammenspiel von Klimaschocks und steigenden Unterernährungsraten bei Kindern erfordert dringendes Handeln. Wir können es uns nicht leisten, zu warten.“

Corina Pfitzner, ̽ѡ Deutschland Geschäftsführerin, ergänzt: 

„Der Bedarf an humanitärer Hilfe steigt von Jahr zu Jahr. Das Ineinandergreifen des Klimawandels und humanitärer Notsituationen ist nicht mehr zu übersehen. Daher gilt umso mehr: Humanitäre Hilfe am Zahn der Zeit muss vorausschauend und schnell sein. Unter dem Begriff Anticipatory Humanitarian Action, also ,Vorausschauende Humanitäre Hilfe`, setzt das gemeinsame Projekt ,Just in time` von Auswärtigem Amt und ̽ѡ in Somalia an: Wetterphänomene frühzeitig ernst nehmen, zukünftige Notsituationen für Menschen erkennen und ihnen bereits vor Eintritt der Krise das nötige Geld zur Verfügung stellen, um sich selbst, ihre Familie und ihren Besitz zu schützen sowie Resilienz aufzubauen. So wird der Schaden durch Wetterextreme eingegrenzt, bevor die Katastrophe eintritt.“

̽ѡ in Somalia 

In Somalia ist ̽ѡ seit 1981 im Einsatz, auch wenn die Arbeit aufgrund von Unsicherheit und Unruhen mehrfach unterbrochen wurde. Seit 2007 ist ̽ѡ dauerhaft im Land präsent und in den wichtigsten Problemgebieten tätig, darunter die Bundesstaaten Banadir, Puntland, Südwest, Jubaland und Hirshabelle. ̽ѡ unterstützt Familien mit medizinischer Versorgung für unterernährte Kinder, leisten humanitäre Bargeldhilfe, setzt Bohrlöcher und Wasserquellen instand, und bietet mobile Gesundheitsdiensten an, um die am stärksten betroffenen Gebiete zu erreichen.