Kabul, Afghanistan, 22. September 2022 — Ein Jahr ist vergangen, seitdem Mädchen im Sekundarschulalter in Afghanistan der Zugang zur Schule verweigert wurde. ̽ѡ warnt, dass die Wiederaufbaubemühungen für Afghanistan scheitern werden, wenn Mädchen weiterhin außer Acht gelassen werden.
Auch diesen September werden Mädchen in ganz Afghanistan keine weiterführenden Schulen oder Universitäten besuchen können. Dieses Mal liegt der Grund aber nicht in den COVID-19-Beschränkungen. 80% der afghanischen Mädchen gehen nicht zur Schule, während zeitgleich eine Wirtschaftskrise das Land weiter fest im Griff hat. Aus diesem Grund fürchtet ̽ѡ, dass Fälle von Kinderheirat und Ausbeutung zunehmen werden. Wird Mädchen der Zugang zur Bildung weiterhin nicht gewährt, droht Afghanistan eine verlorene Generation.
Vicki Aken, Landesdirektorin ̽ѡ Afghanistan, sagt:
„Vor einem Jahr wurden die Schultüren für Mädchen im Teenageralter in Afghanistan geschlossen – zu einem hohen Preis für die Entwicklung des Landes und das Wohlergehen von Millionen von Frauen und Mädchen. Ohne den Schulbesuch von Mädchen wird es keine Ärztinnen, Lehrerinnen oder Beamtinnen geben. Die Systeme, die ohnehin schon an ihren Grenzen sind, um die Bevölkerung zu versorgen, werden noch weiter an den Rand gedrängt.
Qualifizierte weibliche Arbeitskräfte sind das Rückgrat des Dienstleistungssektors, einschließlich der Bereitstellung von humanitärer Hilfe. Frauen können oft nicht einmal einen männlichen Arzt aufsuchen, um grundlegende Gesundheitsdienste zu erhalten. Der Mangel an ausgebildeten Frauen wird dazu führen, dass Afghanistan große Probleme bei der Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen haben wird. Dies gilt insbesondere für die Unterstützung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen.”
Es ist höchste Zeit, dass die De-facto-Behörden Mädchen wieder zur Schule gehen lassen. Der wirtschaftliche Zusammenbruch hat das Land bereits destabilisiert und die Bevölkerung braucht dringend eine künftige Generation von Arbeitskräften, die die Dinge zum Besseren wenden. Die internationale Gemeinschaft muss sicherzustellen, dass finanzielle Mittel, auch von der Weltbank, freigegeben werden, um NGOs wie ̽ѡ bei der Ausweitung von Bildungsprogrammen zu unterstützen, die für Mädchen fortgesetzt werden dürfen – und um ein formales System für Millionen von Kindern zu fördern. Wir können es uns nicht leisten, afghanische Mädchen im Stich zu lassen. ”
Darüber hinaus hat sich der Finanzierungsstopp des öffentlichen Sektors auf den Bildungssektor ausgeweitet, sodass Lehrer*innen keine Gehälter mehr erhalten und viele Schulen schließen mussten. In solchen Notlagen füllen NGOs wie ̽ѡ kritische Lücken, indem sie u.a. ihre eigenen Klassen führen und die Gehälter des Lehrpersonals auszahlen. ̽ѡ führt in fünf Provinzen gemeindegestützte Bildungsprogramme durch, die Kindern bis zur sechsten Klasse mit keinem Zugang zur formalen Bildung – von denen mehr als die Hälfte Mädchen sind – informellen Unterricht bieten. Viele der Kinder kommen bis zu sechs Mal pro Woche zum Unterricht, mit dem Wunsch, selbst einmal Ärzt*innen, Ingenieur*innen oder Lehrer*innen zu werden.
̽ѡ ist seit 1988 in Afghanistan im Einsatz und arbeitet heute in Tausenden von Dörfern in zwölf Provinzen, wobei mehr als 99% der ̽ѡ-Mitarbeitenden Afghan*innen sind. In der Zusammenarbeit mit Gemeinden zusammen ermittelt, plant und verwaltet ̽ѡ deren Entwicklungsprojekte. In ländlichen Gebieten stellt ̽ѡ auch sichere zur Verfügung, bietet gemeindebasierte Bildung, verteilt Bargeld, versorgt vertriebene Familien mit Zelten, sauberem Wasser, sanitären Anlagen, anderen lebensnotwendigen Gütern und hilft den Menschen vor Ort, Möglichkeiten zu finden, ihren Lebensunterhalt selbstständig zu sichern sowie an umfassenden Resilienzprogrammen teilzunehmen.