Kein Mensch und kein Ort in Gaza ist sicher. Für Zivilist*innen ist Gaza  heute das tödlichste Kriegsgebiet der Welt: Berichten zufolge sind in den Kämpfen innerhalb von sechs Wochen mehr als 11.000 Palästinenser*innen getötet worden, 40 Prozent davon Kinder. Das sind mehr als doppelt so viele Tote wie im gleichen Zeitraum in der Ukraine, in Sudan und in Syrien zusammen.

Die Art und Weise, wie der Konflikt geführt wird, ist aus humanitärer Sicht inakzeptabel. Die Zivilbevölkerung trägt die Hauptlast. Berichten zufolge hat die Hamas militärisches Personal und Einrichtungen mit Zivilist*innen vermischt und hält über 200 Geiseln fest. Israel setzt weiterhin Waffen mit großflächiger Wirkung in dicht besiedelten Gebieten ein, greift Krankenhäuser, Schulen und Geflüchtetenlager an und hat die Versorgung von über 2 Millionen Menschen mit Wasser, Brennstoff und Strom unterbrochen.

Solange der Konflikt andauert, können unsere Mitarbeitenden und Partnerorganisationen ihre Arbeit nicht verrichten. Das Ausmaß des Leids erfordert daher massive und anhaltende humanitäre Hilfsmaßnahmen. Die Zivilbevölkerung muss geschützt werden, was in hohem Maße nicht der Fall ist. Dies erfordert ein Ende der Kämpfe .

Seit dem 7. Oktober arbeitet ̽»¨¾«Ñ¡ (̽»¨¾«Ñ¡) daran, den Bedarf an humanitärer Hilfe zu ermitteln und konzentriert sich dabei auf die Zufuhr von Hilfsgütern, technische Unterstützung und Hilfskräfte nach Gaza, um Partnerorganisationen vor Ort zu unterstützen. Seit mehreren Wochen macht ̽»¨¾«Ñ¡ deutlich, dass jeder humanitäre Waffenstillstand daran gemessen werden muss, was er für die bedürftige Zivilbevölkerung bewirken kann. 

Wir haben klare Mindestbedingungen formuliert, die ein sinnvoller humanitärer Waffenstillstand  erfüllen sollte. Wir betonten, dass Gaza vollständig abgedeckt werden muss, dass sich alle Parteien an den Waffenstillstand halten müssen und dass die Waffenruhe von ausreichender Dauer sein muss, um einen kontinuierlichen Fluss und eine massive Aufstockung der Hilfe zu ermöglichen. Die Sicherheit der Helfenden und der Zivilbevölkerung, die Freilassung von Geiseln und die Wiederherstellung der Treibstoff-, Wasser- und Stromversorgung sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um einen humanitären Waffenstillstand sinnvoll zu gestalten. 

Letzte Woche hat der UN-Sicherheitsrat einige dieser Punkte in der ersten Resolution zur Krise (UNSC-Resolution 2712) aufgegriffen und eine "dringende und verlängerte humanitäre Pause" der  Kampfhandlungen gefordert, um das unermessliche Leid zu lindern und die dringend benötigte humanitäre Hilfe zu erleichtern. Die Resolution war ein erster Schritt in Richtung eines humanitären Waffenstillstands und der Bereitstellung von Hilfe für die Zivilbevölkerung, die seit weit über einem Monat fast keine Unterstützung, sondern nur Tod und Zerstörung erlebt hat. Wir forderten die Konfliktparteien und alle UN-Mitgliedstaaten auf, alles in ihrer Macht mögliche zu tun, um die Worte des Sicherheitsrats in Taten  umzusetzen.

Seit der UN-Resolution sind fünf Tage vergangen.Trotz der Hoffnung auf eine Einstellung der Kämpfe hat das Töten und Leiden der Palästinenser*innen zugenommen. Das humanitäre Völkerrecht setzt der Kriegsführung Grenzen, die ausdrücklich darauf abzielen, die Zivilbevölkerung und zentrale zivile Infrastrukturen zu schützen. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Unterscheidung und der Vorsorge sind für die Sicherheit der Zivilbevölkerung in Kriegszeiten von grundlegender Bedeutung. Sie verlangen, dass jede militärische Aktion in einem angemessenen Verhältnis zu ihren Zielen steht, dass militärisches Personal und Infrastruktur von der Zivilbevölkerung getrennt werden und dass die Konfliktparteien alle Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit der Zivilbevölkerung zu gewährleisten. 

Angesichts des Ausmaßes der Zerstörung und des Verhaltens der Parteien ist es nicht möglich, eine Begrenzung der Dauer eines humanitären Waffenstillstands vorzuschlagen. Wir fordern den UN-Sicherheitsrat und alle Parteien mit Einfluss in der Region auf, alles in ihrer Macht mögliche zu tun, um einen solchen Waffenstillstand ohne zeitliche Begrenzung herbeizuführen, um Menschenleben zu schützen und die Bereitstellung von Hilfsgütern zu ermöglichen. Nur so können wir dem humanitären Imperativ gerecht werden.