Berlin, 27. April 2023 — David Miliband, ̽ѡ CEO und Präsident, sagt:
,,Die schnelle Evakuierung aus dem Sudan hat zwar Tausenden geholfen, aber was ist mit den fast 47 Millionen Sudanes*innen, die im Land zurückbleiben? Nur indem die humanitäre Hilfe aufgestockt wird, können wir den Millionen Menschen im Land helfen. ̽ѡ bleibt im Sudan und leistet wichtige Hilfe.
Die europäischen Staats- und Regierungschef*innen konzentrieren sich nahezu ausschließlich auf die Evakuierung ihrer Staatsbürger*innen. Wir dürfen aber keine Zeit verlieren und müssen ein gleiches, wenn nicht sogar größeres Maß an Hilfsbereitschaft und Unterstützung auf den Schutz der Verbliebenen ausrichten.
̽ѡ ist noch in zwei sudanesischen Staaten im Einsatz – Blue Nile und Gedaref. In Gedaref haben wir bereits Tausende Geflüchtete aus Tigray unterstützt und versorgen die Menschen, die in den letzten Tagen aus verschiedenen Teilen des Sudan gekommen sind, mit Gesundheits-, Sanitär- und Schutzdiensten. Der Schutz von humanitären Helfer*innen ist dabei unerlässlich. Sie brauchen sicheren Zugang zu den Menschen in Not, damit Organisationen wie ̽ѡ weiterhin lebensrettende Maßnahmen leisten können.
Um zu verhindern, dass der Sudan sich von einem fragilen Staat zu einem gescheiterten Staat entwickelt, muss unbedingt sichergestellt werden, dass die öffentlichen Dienstleistungen, wie das Gesundheits- und Bildungssystem stabil bleiben. Angesichts der instabilen Regierung könnte das bedeuten, dass wir uns stärker auf die lokale Zivilgesellschaft und NROs stützen müssen. Sie haben den besten Zugang zu bedürftigen Bevölkerungsgruppen und, was in dieser gefährlichen Situation am wichtigsten ist, ihr Vertrauen.
Der Schutz der Zivilbevölkerung ist entscheidend. Wir sehen in solchen Konflikten immer wieder, wie Zivilist*innen vom Zugang zu Hilfsgütern abgeschnitten werden – auch durch direkte Angriffe auf Mitarbeitende von Hilfsorganisationen – und wie die Straffreiheit für Genozide und Kriegsverbrechen zur Norm werden. Das dürfen wir im Sudan nicht noch einmal zulassen. Die UNO muss die Konfliktparteien benennen, die den Zugang zu Hilfsgütern verweigern, und wir müssen Kriegsverbrechen, Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und andere derartige Missstände aufdecken.
Die Situation im Sudan hat regionale Auswirkungen, da fast 20.000 Sudanes*innen in den benachbarten Tschad vertrieben wurden. Der Tschad hat die Geflüchteten aus dem Sudan großzügig aufgenommen, ist aber selbst auf finanzielle Unterstützung angewiesen und von Krisen betroffen. Deshalb ist ̽ѡ seit 2014 auch im Tschad tätig. Wenn der Tschad nicht sofortige und umfangreiche wirtschaftliche Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft erhält, wird das Land seine Großzügigkeit nicht lange aufrechterhalten können.
Wir appellieren an die Geberregierungen, insbesondere in Europa, die Finanzierung für in Krisenregionen tätigen NROs sofort zu erhöhen, um denjenigen zu helfen, die im Sudan bleiben müssen, und denen, die in den Tschad geflohen sind. Der humanitäre Hilfsplan der UN für den Sudan, mit dem sichergestellt werden soll, dass die Bedarfe im Land gedeckt werden, ist nur zu 14 Prozent finanziert. Mit traditioneller humanitärer Hilfe lassen sich die großflächigen Schäden an der Infrastruktur nicht beheben. Stattdessen ist ein adaptiver Ansatz, der durch verschiedene Finanzierungsquellen gedeckt wird, erforderlich. Es darf nicht nur auf Nothilfe abgezielt werden.”
Im Sudan unterstützt ̽ѡ Menschen, die von Konflikten und Krisen betroffen sind, darunter Frauen, Kinder, Senior*innen, Menschen mit Behinderungen, Geflüchtete und Aufnahmegemeinschaften. Wir bieten integrierte Gesundheits- und Ernährungsprogramme sowie Wasser-, Sanitär- und Hygieneprogramme (WASH), die die Grundversorgung aufrechterhalten und gleichzeitig sicherstellen, dass die lokalen Kapazitäten zur Aufrechterhaltung der Versorgung gestärkt werden. ̽ѡ leistet auch Schutz von Kindern sowie Schutz und Stärkung von Frauen und Mädchen, darunter auch für Überlebende geschlechtsspezifischer Gewalt (Gender-Based Violence).
Nachdem ̽ѡ sich bei der Übergangsregierung in Khartum erfolgreich neu registrieren konnte, hat die Organisation die Tätigkeit im Sudan im November 2019 wieder aufgenommen. Zuvor war ̽ѡ von 1982 bis 2009 im Land aktiv. Seitdem hat ̽ѡ erste Programme zur Unterstützung von Vertriebenen in städtischen Gebieten um Khartum gestartet. Aufgrund der aktuellen Gewalt im Land hat ̽ѡ seine operative Präsenz in den Staaten Khartum und Süd-Kordofan ausgesetzt. Die Einsätze in Tunaydbah (Gedaref) und Blue Nile laufen währenddessen ungehindert weiter.
Im Tschad leistet ̽ѡ seit 2004 als Reaktion auf die Vertreibung im benachbarten Darfur lebenswichtige humanitäre Hilfe. Heute arbeitet ̽ѡ im ganzen Land an integrierten Maßnahmen in den Bereichen Gesundheit, einschließlich reproduktiver Gesundheit, Ernährung sowie WASH (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene). Weitere Schwerpunkte sind der Schutz und die Stärkung von Frauen, mit besonderem Fokus auf die Bewältigung geschlechtsspezifischer Gewalt sowie wirtschaftliche Teilhabe mit Schwerpunkt auf Bargeldhilfe und einkommensschaffenden Maßnahmen.