• Laut UNICEF sind etwa 17.000 Kinder in Gaza unbegleitet oder von ihren Eltern getrennt. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.

  • Neue Recherchen von ̽»¨¾«Ñ¡ (̽»¨¾«Ñ¡) zeigen: Das Risiko der Familientrennung hat in den letzten Monaten dramatisch zugenommen.

  • Viele Kinder suchen Zuflucht in Krankenhäusern, da es keine alternativen Versorgungsmöglichkeiten oder Unterkünfte gibt.

  • Laut einer UN-Umfrage von April 2024, betreuen 41 Prozent der Familien in Gaza seit Oktober 2023 fremde Kinder. Diese Quote ist mehr als achtmal so hoch wie die in Notsituationen üblichen Schätzungen von drei bis fünf Prozent.

  • Unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder sind einem hohen Risiko von Kinderarbeit, Ausbeutung, Vernachlässigung, Hunger und psychischen Traumata ausgesetzt.

  • Betreuer*innen und Fachkräfte berichten von Kindern, die verzweifelt nach Trost suchen, sich bei lauten Geräuschen an Erwachsene klammern, ins Bett machen, unter ihrem Bett Schutz suchen oder Alpträume haben.

  • Ohne Zugang zu Schutz, psychosozialer Unterstützung oder sicheren Räumen sind Kinder, die traumatische Ereignisse erlebt haben, dem Risiko langfristiger Entwicklungsstörungen ausgesetzt.

Mehr als zehn Monate nach Beginn der Eskalation der Feindseligkeiten in Gaza hat die humanitäre Krise ein beispielloses Ausmaß erreicht. Kinder tragen die Hauptlast des Konflikts. Schätzungen zufolge sind mindestens 17.000 Kinder in Gaza unbegleitet oder von ihren Eltern getrennt. Ein neuer ̽»¨¾«Ñ¡-Bericht weist darauf hin, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegen könnte. 

Die Situation verschlechtert sich aufgrund anhaltender Massenvertreibungen und spitzt sich seit der israelischen Bodenoffensive in Rafah weiter zu. Mehr als eine Million Menschen hatten in Rafah Zuflucht gesucht und die Bodenoffensive führte zu Massenvertreibungen. In Verbindung mit israelischen Verhaftungen, Inhaftierungen und Evakuierungsbefehlen in ganz Gaza hat das Ausmaß der Familientrennungen enorm zugenommen. Der ̽»¨¾«Ñ¡-Bericht betont, dass Unterbrechungen und Probleme im Zugang zur Telekommunikation die Zusammenführungen von Familien erheblich behindern. 

Ärzt*innen berichteten, dass Kinder ohne überlebende Familienangehörige in Krankenhäusern aufgefunden werden. Dort leben sie mangels alternativer Betreuungsmöglichkeiten im Wesentlichen allein. Eine UN-Umfrage vom April 2024 ergab, dass 41 Prozent der Familien in Gaza seit Oktober 2023 fremde Kinder betreuen. Diese Quote ist mehr als achtmal so hoch wie die in Notsituationen üblichen Schätzungen von drei bis fünf Prozent. Gleichzeitig schätzt UNICEF, dass bis zu 19.000 Kinder ihre Eltern verloren haben. Die Situation bleibt kritisch, obwohl Mitglieder der lokalen Gemeinschaften einspringen, um Kinder zu versorgen. Doch den vertriebenen Menschen in Gaza fehlt es an grundlegenden Ressourcen wie Nahrung, Wasser, angemessenen Unterkünften und dem Zugang zu medizinischer Versorgung. Dieser Mangel lässt befürchten, dass viele Kinder weiterhin vernachlässigt werden, insbesondere angesichts der jüngsten Vertreibungen. Aufgrund von Platzmangel und begrenzten Ressourcen könnten sich Familien dazu gezwungen sehen, ihre eigenen Kinder gegenüber anderen zu bevorzugen.

̽»¨¾«Ñ¡ fordert dringend mehr Unterstützung für unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder. Es bedarf vielfältiger Betreuungsmöglichkeiten, um den hohen Bedarf zu decken. Humanitäre Organisationen haben Maßnahmen ergriffen, um Familientrennungen zu verhindern und Systeme zur Identifizierung und Dokumentation von unbegleiteten Kindern eingerichtet. Jedoch sind diese Prozesse langsam und schwierig. Dies ist unter anderem aufgrund von Zugangsbeschränkungen, Herausforderungen bei der Bereitstellung humanitärer Hilfe und Sicherheitsbeschränkungen zurückzuführen.

Es ist auch von entscheidender Bedeutung, unbegleiteten Kindern psychosoziale Unterstützung zur Verfügung zu stellen und sichere Räume zu schaffen. Anhaltender Stress aufgrund von Gewalt und Vertreibung kann bei Kindern zu langfristigen Gesundheitsproblemen führen. Die Situation ist dringlich und erfordert sofortige internationale Unterstützung und Intervention, um die langfristigen Auswirkungen zu mildern und die Widerstandsfähigkeit und Erholung palästinensischer Kinder zu unterstützen.

Die internationale Gemeinschaft muss Israel auffordern, alle Hindernisse für die Bereitstellung von humanitärer Hilfe zu beseitigen. Ein Waffenstillstand ist die einzige Möglichkeit, um das Leben von Palästinenser*innen zu schützen und die Freilassung der Geiseln zu gewährleisten, die am 7. Oktober von der Hamas und anderen bewaffneten Gruppen in Israel entführt wurden. Nur ein Waffenstillstand kann die Bereitstellung von humanitärer Hilfe und überlebenswichtige Dienstleistungen sicherstellen. ̽»¨¾«Ñ¡ fordert alle Parteien zu einem sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand auf, wie es in der Resolution 2735 des UN-Sicherheitsrates vorgesehen ist. 

Ulrike Julia Wendt, ̽»¨¾«Ñ¡-Nothilfekoordinatorin für Kinderschutz, sagt:

„Die Situation für Kinder in Gaza ist schrecklich. Kinder werden getötet, verletzt oder von ihren Familien getrennt. Der anhaltende Konflikt gefährdet die Gesundheit und das Wohlergehen der Kinder erheblich.

Kinder, die von ihren Familien getrennt wurden, und Waisen sind besonders durch Kinderarbeit, Ausbeutung, Vernachlässigung und psychische Probleme gefährdet. Auch ihr Zugang zu überlebenswichtigen Ressourcen ist stark eingeschränkt. Ein Psychologe, mit dem ich letzten Monat in Gaza gesprochen habe, sprach von unzähligen Kindern, die unter Schock stehen. Sie suchen verzweifelt nach Trost und klammern sich an Erwachsene, wenn sie laute Geräusche hören. Manche Kinder haben auch angefangen, ins Bett zu machen, leiden unter Alpträumen oder bitten darum, unter dem Bett schlafen zu dürfen, weil sie sich dort sicherer fühlen. Wir wissen nicht, wie Mädchen, die Geld verdienen gehen, letztendlich an dieses Geld gelangen. Häusliche Gewalt, einschließlich geschlechtsspezifischer Gewalt, nimmt zu.

Kinder sollten in die Schule gehen können. Stattdessen sieht man sie in Bäckereien, wie sie schwere Kanister schleppen, die manchmal so groß sind wie sie selbst. Viele Kinder haben keine Schuhe und tragen schmutzige Kleidung. Es gelingt manchen Kindern trotz dieser Umstände, etwas zu finden, das sie zum Lachen bringt oder zu Musik zu tanzen. Aber das ist angesichts der Lebensbedingungen nicht ihre tägliche Realität. Es ist entscheidend, eine Art sicheren Raum für Kinder zu schaffen, auch wenn es in Gaza eigentlich keinen sicheren Raum mehr gibt. Kinder sind widerstandsfähig und können sich erholen – aber dafür brauchen sie dringend Unterstützung und ein sicheres Umfeld.