Der neue Bericht von ̽ѡ (̽ѡ) ,,Watchlist Insight: Klimakrise und humanitäre Krise in der zentralen Sahelzone” zeigt auf, wie langfristige Armut und politische Marginalisierung Gemeinschaften in Mali, Burkina Faso und Niger anfälliger für die Auswirkungen der Klimakrise und langwierige bewaffnete Konflikte machen. 

Die neue Analyse von ̽ѡ verdeutlicht, dass es weder Zufall noch unvermeidlich ist, dass Gemeinschaften in Teilen der zentralen Sahelzone am stärksten von der Klimakrise betroffen und von bewaffneten Konflikten konfrontiert sind. Der ̽ѡ-Bericht unterstreicht, dass es entscheidend ist, die Auswirkungen des Klimawandels ganzheitlich zu erfassen: Wie sich Veränderungen von Temperatur, Niederschlag und Häufigkeit von Naturkatastrophen mit den humanitären Dynamiken eines Landes verbinden, muss berücksichtigt werden. 

Die humanitären Bedarfe in der zentralen Sahelzone haben seit 2016 einen Anstieg um 172 Prozent verzeichnet: Über 16 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe und Schutz. Mehr als 5 Millionen Menschen sind von Ernährungsunsicherheit betroffen und die Zahl der Binnenvertriebenen ist seit 2014 um über 2400 Prozent gestiegen.  

Aus diesem Grund fordert ̽ѡ Lösungen, die den Teufelskreis der Armut durchbrechen und Ursprünge und die Treiber der sich gegenseitig verstärkenden Krise durch unmittelbare humanitäre Hilfe adressieren. ̽ѡ setzt sich auch für eine Finanzierung ein, die auf die spezifischen Herausforderungen der Region zugeschnitten ist und Klimaanpassung unterstützt. 

Modou Diaw, ̽ѡ-Regionaldirektor für Westafrika, sagt:  

,,Die humanitären Auswirkungen, die wir in Mali, Burkina Faso und Niger sehen, sind kein Zufall, sondern das Ergebnis historischer und aktueller politischer Entscheidungen, aufgrund der die Menschen nicht auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereitet sind. Die diesjährige ̽ѡ Emergency Watchlist verdeutlicht die steigenden humanitären Bedarfe weltweit. Währenddessen werden die politischen Maßnahmen, die Menschen vor den Auswirkungen humanitärer Krisen schützen sollen, in fragilen und konfliktbetroffenen Staaten geschwächt. Dieser Zusammenhang wird besonders im Teufelskreis der anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Vernachlässigung der internationalen Gemeinschaft deutlich, der Gemeinschaften in der zentralen Sahelzone zunehmend in eine humanitäre Notlage stürzt. In der Region leben weniger als 1 Prozent der Weltbevölkerung, aber 5 Prozent der weltweit am stärksten auf humanitäre Hilfe angewiesenen Menschen. 

Diese langwierige Krise erfordert sowohl Maßnahmen, um die unmittelbaren Bedarfe der Betroffenen zu decken, als auch Anstrengungen, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Es ist maßgeblich, in Bemühungen für die Sicherung des humanitären Zugangs zu investieren, der insbesondere auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen und Mädchen angepasst ist. Die globale Klimafinanzierung muss durch eine Reihe von Partnerorganisationen, wie die Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen, erfolgen, um den geringen staatlichen Kapazitäten Rechnung zu tragen. 

Der besondere Fokus auf Klimarisiken in fragilen und konfliktbetroffenen Staaten ist nur ein Teil des großen Ganzen. Die politischen Ursachen aufzudecken, die inmitten der Klimakrise der großen und wachsenden humanitären Notlage zugrunde liegen, ist hier entscheidend. Nur so können wir heute Leben retten und Widerstandsfähigkeit für die Zukunft aufbauen.” 

Corina Pfitzner, Leitung ̽ѡ Deutschland, kommentiert:

,,Die deutsche Bundesregierung hat in ihrer aktualisierten Sahel Strategie angekündigt, ihr ziviles und humanitäres Engagement in der Region auszubauen.  Um ihrem Selbstanspruch einer ganzheitlichen, langfristig gedachten und feministischen Außen- und Entwicklungspolitik gerecht zu werden, müssen konkrete Taten folgen. Dabei müssen den besonderen Bedürfnissen von Frauen und Mädchen sowie anderen traditionell marginalisierten Bevölkerungsgruppen in klimabedingten Krisenzeiten besondere Beachtung geschenkt werden. Es gilt, Projekte zu fördern, die die Teilhabe von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen berücksichtigen und die Vorbeugung von geschlechtsspezifischer Gewalt an erste Stelle setzen. Die Unterstützung von lokalen Frauen geführten Organisationen, die oftmals den besten Zugang zu den am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen haben, ist hierbei unabdingbar und entspricht den Ansätzen der feministischen Außen- und Entwicklungspolitik.  

Darüber hinaus sollte im Bereich der humanitären Hilfe das aktuelle Fördervolumen von NGOs von 13 Prozent auf 26 Prozent verdoppelt werden, um insbesondere in den Gebieten mit wenig staatlicher Kontrolle die Bevölkerung zu erreichen. Zudem muss dafür gesorgt werden, dass die Menschen in der gesamten Region nicht um ihren Lebensunterhalt bangen und in ihrer Not gezwungen sind, negative Bewältigungsmechanismen einzusetzen, um zu überleben. Das kann nur passieren, wenn die Bundesregierung vermehrt Programme zur Deckung des Lebensunterhalts schafft, die in erster Linie Sicherheit und Einkommen für die Bevölkerung bedeuten.

Am Ende des Tages sollte Sinn und Zweck jeglicher Maßnahmen seitens der Bundesregierung sein, den Teufelskreis zu durchbrechen, der die derzeitigen Bedarfe in der Region – die durch die Klimakrise nur noch verschärft werden – verschlimmert. Die Instabilität und die Abhängigkeit der Gemeinschaften von klimabedingten Existenzgrundlagen muss langfristig im Zaun gehalten werden. Nur so können die Menschen vor Ort auch nur im Ansatz die Auswirkungen des Klimawandels wie Einkommensverlust, Nahrungsmittel- und Wasserknappheit sowie Vertreibung bewältigen."