Krise in Jemen: Endloser Konflikt und drohende Hungersnot
Hier sind fünf Gründe, die ̽»¨¾«Ñ¡ dazu bewogen haben, Jemen als das Land mit der größten humanitären Katastrophe im Jahr 2021 einzustufen.
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Jemen steht zum dritten Mal in Folge an der Spitze von ̽»¨¾«Ñ¡s jährlicher Rangliste der größten Krisen: nach mehr als fünf Jahren Krieg und unzureichender humanitärer Mittel ist das Land am Ende von 2020 auf einem neuen Tiefpunkt. Hier erfahren Sie, was Sie noch über die größte Notlage der Welt wissen müssen.
2015 intervenierte eine von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten geführte Militärkoalition in Jemen, um die international anerkannte Regierung im Kampf gegen die Ansar-Allah-Bewegung zu unterstützen. Auch fünf Jahre später lassen die kriegerischen Auseinandersetzungen nicht nach und die humanitäre Nothilfe steht vor dem Kollaps. Die Konflikte zwischen regierungstreuen Kräften und Ansar Allah sind Jahr 2020 in den Gouverneraten Jawf und Marib eskaliert. Trotz Vereinbarungen zu lokalen Waffenstillständen in den letzten zwei Jahren gibt es keine Anzeichen für eine politische Lösung der Krise. Nun ist die Bevölkerung auch durch die COVID-19-Pandemie und einen starken Rückgang der humanitären Mittel bedroht. Die Menschen haben zunehmend Probleme, sich mit dem Nötigsten zu versorgen und das UN Welternährungsprogramm warnt vor einer Hungersnot in Jemen im Jahr 2021.
„Jemen steht vor einer dreifachen Bedrohung durch den Konflikt, die Hungerkrise und die kollabierende internationale Unterstützung“, sagt Abeer Fowzi, stellvertretende Ernährungskoordinatorin von ̽»¨¾«Ñ¡. „Ende 2020 war die Unterernährung bei Kindern unter 5 Jahren so hoch wie nie zuvor und doch hat die Welt Jemen den Rücken gekehrt.“
Aktuelle Lage in Jemen
„Nie zuvor haben die Jemenit*innen so wenig Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft erhalten - oder waren mit so vielen Herausforderungen gleichzeitig konfrontiert“, sagt Fowzi. Hier sind fünf Gründe, warum der Jemen im Jahr 2021 das Land ist, das am meisten von einer humanitären Katastrophe bedroht ist - und das schon das dritte Jahr in Folge:
Das Stockholmer Abkommen vom Dezember 2018 zwischen der Regierung und Ansar Allah bleibt weitgehend unbeachtet, obwohl es kleine Fortschritte wie z.B. beim Gefangenenaustausch gab. Der Konflikt eskalierte gegen Ende des Jahres 2020, als Kräfte von Ansar Allah bis auf die von der Regierung kontrollierten Ölfördergebiete im Gouvernement Marib östlich von Sanaa, der größten Stadt des Jemen, vorstießen. In Marib leben eine Million Menschen, die durch die Gewalt aus anderen Teilen des Landes vertrieben wurden.
Die sich immer weiter verschärfende Wirtschaftskrise in Jemen und die Treibstoffknappheit könnten die Ölfelder von Marib im Jahr 2021 zu einem besonderen Brennpunkt für Konflikte machen. Mindestens 90.000 Menschen wurden im Jahr 2020 in Marib vertrieben. Diese Zahlen werden steigen, wenn sich die Kämpfe auf dichter besiedelte Gebiete ausweiten. Anhaltende Spannungen im Süden des Landes zwischen der Regierung und Gruppen, die mit dem Southern Transitional Council verbündet sind, lösen ebenfalls sporadische Kämpfe aus, die das Leben und die Lebensgrundlage der Bevölkerung bedrohen.
Der Krieg hat die Lebensgrundlage vieler Jemenit*innen zerstört, so dass über 80 % der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Der Rial, die jemenitische Währung, hat allein im Jahr 2020 25% seines Wertes verloren. Steigende Treibstoffpreise und Lieferengpässe treiben die Kosten für Lebensmittel in die Höhe und behindern humanitäre Einsätze. Die Pandemie schränkt die Möglichkeiten der Menschen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, weiter ein. Fast 17.000 Menschen sind bereits von einer Hungersnot bedroht. Diese Zahl könnte bis Juni auf bis zu 47.000 ansteigen.
Frauen und Mädchen werden wahrscheinlich unverhältnismäßig stark betroffen sein, da der Jemen in Bezug auf das Wohlergehen von Frauen weltweit am schlechtesten abschneidet. Eine Million schwangere Frauen sind unterernährt. 120.000 Frauen und Mädchen sind von Gewalt bedroht.
Das „Yemen Data Project“ fand heraus, dass 40 % der Todesopfer bei Luftangriffen seit 2015 in Wohngebieten zu beklagen sind. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit, dass Zivilist*innen in ihrem Zuhause getötet werden, in Jemen höher als überall sonst auf der Welt. Häuser, Krankenhäuser, Brücken und andere wichtige zivile Infrastruktur werden regelmäßig durch Angriffe beschädigt oder zerstört; nur die Hälfte der medizinischen Einrichtungen im Jemen ist noch voll funktionsfähig. Das Leid der jemenitischen Bevölkerung wird sich folglich verschlimmern, je länger der Konflikt andauert und je mehr die internationale Aufmerksamkeit nachlässt.
Die weiteren Auswirkungen des Konflikts sind sogar noch tödlicher und haben langfristige Auswirkungen auf die Erholung des Landes. Laut einer Studie des UN-Entwicklungsprogramms ist die Mehrheit der Todesfälle auf indirekte Auswirkungen des Konflikts zurückzuführen, insbesondere auf den eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsdiensten, Nahrungsmitteln und Infrastruktur.
Langwierige Prozesse der Genehmigung für lebensrettende Hilfsprogramme und andere bürokratische Maßnahmen, die von allen Konfliktparteien auferlegt werden, erschweren die humanitäre Hilfe. Darüber hinaus sind die Mittel im Jahr 2020 deutlich gesunken. Dies zwang 31 von 41 großen UN-Programmen, ihre Hilfe zu reduzieren oder ganz einzustellen. Das Welternährungsprogramm musste die Lebensmittelrationen für 8,5 Millionen Menschen halbieren. Infolgedessen erhielten 3 Millionen Jemenit*innen Ende 2020 jeden Monat weniger Hilfe als noch zu Beginn des Jahres. ̽»¨¾«Ñ¡ und andere Hilfsorganisationen sind zutiefst besorgt darüber, ob im Jahr 2021 genug Geld für wichtige humanitäre Programme zur Verfügung stehen wird.
Wir appellieren weiter an die Staats- und Regierungschefs der Welt, den wachsenden Bedarfen in Jemen gerecht zu werden, indem sie sich verpflichten, das Ziel des humanitären Hilfsplans zu erreichen, der immer noch nur zur Hälfte finanziert ist. Zudem muss ein Rettungspaket zur Unterstützung der zusammenbrechenden jemenitischen Wirtschaft bereitgestellt werden.
„T³ó±ð Safer“, ein Ö±ô³Ù²¹²Ô°ìer, der in der Nähe des größten jemenitischen Hafens, Hodeidah, vor Anker liegt, wird derzeit als Exportterminal genutzt. Aufgrund jahrelanger mangelhafter Wartung könnte er eine Ölpest verursachen, die viermal so groß ist wie das Tankerunglück der von 1989. Dies würde zu einer langfristigen Störung des Hafens und der Fischereiindustrie sowie zu unabsehbaren Umweltschäden führen. Ãœber den Hafen von Hodeidah werden etwa 70 % der kommerziellen und humanitären Importe des Jemen abgewickelt.Ein Leck könnte dazu führen, dass sich die Lebensmittelpreise im Jemen verdoppeln und die Kraftstoffpreise verdreifachen.
In ̽»¨¾«Ñ¡s Report finden Sie zusätzliche Informationen zur Krise in Jemen im Jahr 2021 sowie unsere Empfehlungen für die internationale Reaktion.
̽»¨¾«Ñ¡ ist seit 2012 in Jemen tätig. Wir sind einer der größten nichtstaatlichen Gesundheitsdienstleister vor Ort und unterstützen Gesundheitseinrichtungen, Notfallzentren für Geburtshilfe und Neugeborene sowie Hunderte von Gesundheitsfachkräften.
Wir versorgen Jemenit*innen mit sauberem Wasser und reproduktiven Gesundheitsdiensten, entsenden mobile Kliniken in abgelegene Gebiete und führen Ernährungsprogramme für unterernährte Kinder durch. Darüber hinaus bieten wir Bargeldhilfen und Programme zur Sicherung des Lebensunterhalts, Unterstützung für Frauen und Kinder, die Gewalt erfahren haben, und Bildungsprogramme für Kinder, die aufgrund des Konflikts und COVID-19 nicht zur Schule gehen können. ̽»¨¾«Ñ¡ unterstützt auch die Einrichtung einer COVID-19-Isolationseinheit.